E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils S 2020 68: Kantonsgericht Graubünden

Die Beschwerdeführerin, eine junge Frau namens A., leidet an einer seltenen und unheilbaren Erbkrankheit, die zu schweren körperlichen Einschränkungen führt. Sie beantragte bei der IV-Stelle des Kantons Graubünden die Kostenübernahme für einen Roboterarm, um ihre Arm- und Handfunktion zu verbessern. Die IV-Stelle lehnte dies ab, da ein Roboterarm nicht in der Hilfsmittelliste enthalten sei. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ein und argumentierte, dass der Roboterarm als Zubehör zum Rollstuhl oder als Armprothese anzusehen sei. Das Gericht entschied, dass der Roboterarm als Armprothese qualifiziert werden kann und die Kostenübernahme gerechtfertigt ist. Die IV-Stelle wurde angewiesen, die Kosten für den Roboterarm zu übernehmen. Das Gericht entschied auch, dass die IV-Stelle die Gerichtskosten tragen muss.

Urteilsdetails des Kantongerichts S 2020 68

Kanton:GR
Fallnummer:S 2020 68
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:
Kantonsgericht Graubünden Entscheid S 2020 68 vom 22.12.2021 (GR)
Datum:22.12.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Versicherungsleistungen nach IVG
Schlagwörter : Roboterarm; Hilfsmittel; IV-Stelle; Recht; Zubehör; Anspruch; Eingliederung; Armprothese; Person; Elektrorollstuhl; Funktion; Hilfsmittelliste; Verhältnis; Rollstuhl; Verfügung; Bundesgericht; Körper; Urteil; Sinne; Prothese; Rechtsprechung; Bundesgerichts; Roboterarms; Liste; ältnismässig
Rechtsnorm:Art. 59 ATSG ;Art. 8 BV ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:105 V 23; 122 V 47; 130 V 163; 131 V 9; 132 V 215; 136 I 229; 139 V 115; 140 V 538; 141 V 30; 143 V 190; 144 V 195; 145 V 84;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts S 2020 68

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN
DRETGIRA ADMINISTRATIVA DAL CHANTUN GRISCHUN
TRIBUNALE AMMINISTRATIVO DEL CANTONE DEI GRIGIONI


S 20 68


3. Kammer als Versicherungsgericht


Vorsitz Pedretti
RichterIn von Salis, Audétat
Aktuarin ad hoc Christen



URTEIL

vom 22. Dezember 2020

in der versicherungsrechtlichen Streitsache

A.___,
vertreten durch Procap Schweiz,

Beschwerdeführerin
gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden,
Beschwerdegegnerin


betreffend Versicherungsleistungen nach IVG
1. A.___ wurde mit infantiler systemischer Hyalinose geboren. Diese sehr seltene und unheilbare Erbkrankheit ist gekennzeichnet durch Ablagerung von hyalinem Material in vielen Geweben. Sie führt mit fortschreitendem Alter zu einer zunehmenden Einschränkung der Beweglichkeit durch Kontrakturen der Gelenke und zu zahlreichen weiteren Symptomen. Bereits in ihrem ersten Lebensjahr wurde A.___ bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet. Die IV-Stelle des Kantons Graubünden (im Folgenden: IV-Stelle) anerkannte ihren Gesundheitsschaden als Geburtsgebrechen und sprach ihr zahlreiche Leistungen zu (medizinische Massnahmen, Hilflosenentschädigung mit Intensivpflegezuschlag für einen invaliditätsbedingten Betreuungsaufwand von mehr als acht Stunden täglich, Physio- und Ergotherapie, Rollstuhl, Umweltkontrollgeräte, bauliche Massnahmen etc.).

2. A.___s Bruder, B.___, leidet ebenfalls an infantiler systemischer Hyalinose.

3. A.___ besuchte die Regelschule und absolvierte eine vierjährige Berufslehre als Zeichnerin EFZ Fachrichtung Ingenieurbau. Dabei wurde sie von Begleitpersonen unterstützt, deren Kosten die IV übernahm. Im Jahr 2019 schloss sie diese Ausbildung mit der Berufsmaturität ab und wurde von ihrem Lehrbetrieb in einem 50%igen Arbeitspensum fest angestellt. Berufsbegleitend nahm sie ein Ingenieurstudium an der Fachhochschule Graubünden auf.

4. Ab dem 1. Mai 2017 sprach die IV-Stelle A.___ eine Hilflosenentschädigung für eine Hilflosigkeit schweren Grades zu. Diese Anpassung erfolgte, weil A.___ das Erwachsenenalter erreicht hatte. Seit dem 1. August 2019 erhält A.___ zudem eine Viertelsrente.

5. Im Rahmen einer Folgeversorgung mit einem neuen Elektrorollstuhl liess A.___ im Sommer 2019 durch die Firma SKS Rehab ein Gesuch um Kostengutsprache für einen Roboterarm einreichen. Die Kosten für den Roboterarm des Typs Kinova JACO beliefen sich auf Fr. 96'433.35. Die IV-Stelle liess das Gesuch von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) fachtechnisch beurteilen. Die SAHB hielt mit Schreiben vom 5. November 2019 fest, der Preis für den Roboterarm des Typs Kinova JACO liege weit über den Preisen in Deutschland. Man habe deshalb eine weitere Offerte eingeholt. Die Firma Exxomove biete den Roboterarm BATEO inklusive Zubehör und Montage zum Preis von Fr. 54'625.-an, hinzu komme sinnvollerweise eine Garantieverlängerung inklusive Wartungspauschale für Fr. 5'000.--. Die SAHB kam zum Schluss, sie könne keine konkrete Finanzierungsempfehlung abgeben, da keine Ziffer gemäss Hilfsmittelverordnung vorliege und diverse Fragen nicht geklärt seien.

6. Mit Verfügung vom 5. November 2019 übernahm die IV-Stelle einen Kostenbeitrag an den Elektrorollstuhl von Fr. 39'081.80. Bezüglich des Roboterarms stellte sie mit Vorbescheid vom 29. Januar 2020 eine Leistungsabweisung in Aussicht. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass Roboterarme nicht in der abschliessenden Liste der Hilfsmittelverordnung enthalten seien und keiner dort aufgeführten Hilfsmittelkategorie zugeordnet werden könnten. Dagegen erhob A.___ am 3. März 2020 Einwand, wobei sie am 16. April 2020 die Begründung nachreichte. Sie machte im Wesentlichen geltend, der Roboterarm bilde Zubehör zum bereits zugesprochenen Elektrorollstuhl und diene in einem weiteren Sinne der Fortbewegung, weil sich damit Türen öffnen und Tasten bedienen liessen. Weil es sich um ein modernes Hilfsmittel handle, sei die Hilfsmittelliste auszulegen und der Roboterarm der Position 1.02 'Hand- und Armprothesen' zuzuordnen. Eine moderne Armprothese würde um Fr. 60'000.-kosten. Der Roboterarm erfülle somit aufgrund seines breiten Einsatzbereiches die Voraussetzungen der Verhältnismässigkeit und Wirtschaftlichkeit.

7. Mit Verfügung vom 29. April 2020 verweigerte die IV-Stelle die Übernahme der Kosten für den Roboterarm. Sie hielt an der im Einwand angeführten Begründung fest und ergänzte, der Roboterarm bilde kein Zubehör zum Elektrorollstuhl, denn dem Tarifvertrag zur Rollstuhlversorgung könnten keine Roboterarme ähnliches Zubehör als behinderungsbedingte Optionen entnommen werden. Der Roboterarm könne auch nicht als Prothese eingestuft werden, denn eine Prothese werde bereits dem Wortlaut nach am Körper angelegt. Selbst wenn der Roboterarm einer Hilfsmittelkategorie zugeordnet werden könnte, seien die Verhältnismässigkeit und die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben. Dabei verwies die IV-Stelle unter anderem auf die Stellungnahme des Abklärungsdienstes vom 12. Dezember 2019, wonach sich die für A.___ notwendigen Hilfeleistungen durch den Roboterarm nur minimal vermindern liessen und sich keine Änderung bei der Hilflosenentschädigung bzw. beim Assistenzbeitrag ergeben würde.

8. Gegen diese Verfügung erhob A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 3. Juni 2020 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Sie beantragte, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei ihr Kostengutsprache für das beantragte Hilfsmittel (Roboterarm) zu gewähren; eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen. In formeller Hinsicht beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Roboterarm werde seitlich am Rollstuhl montiert und würde es ihr erlauben, verschiedenste Tätigkeiten selbständig auszuführen, die ihr heute aufgrund ihrer sehr stark eingeschränkten Arm- und Handfunktion verwehrt blieben. Dabei verwies sie auf ein anlässlich eines Tests gedrehtes Video und darauf, dass die SAHB die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Roboterarms anerkannt habe. Sie hielt daran fest, dass der Roboterarm Zubehör zum Elektrorollstuhl bilde, und sie machte geltend, der von der IV-Stelle zitierte Tarifvertrag vermöge ihren Anspruch nicht rechtswirksam zu beschränken. Der Roboterarm sei notwendige Voraussetzung für die bestimmungsgemässe Benutzung des Elektrorollstuhls, weil sich damit automatische und manuelle Türen betätigen, Fahrstühle bedienen und Tastenfelder benützen liessen. Die Beschwerdeführerin hielt auch daran fest, dass der Roboterarm der Hilfsmittelkategorie 1 (Ziffer 1.02 Hand- und Armprothesen) zugeordnet werden könne. Ein Hilfsmittel sei ein Gegenstand, der nicht mit dem Körper verbunden sei und dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile Funktionen des menschlichen Körpers ersetze. Rein funktional betrachtet übernehme der Roboterarm die genau gleichen Körperfunktionen wie eine Prothese. In Frage komme schliesslich auch eine schwerwiegende Lücke der Hilfsmittelverordnung, welche die Grundrechte beschlage und vom Gericht zu füllen sei. Weiter machte die Beschwerdeführerin geltend, die IV-Stelle mache die Verhältnismässigkeit zu Unrecht davon abhängig, ob sich durch den Einsatz des Roboterarms gewisse Dauerleistungen reduzieren liessen. Die IV-Stelle habe sich gar nicht mit den im Einwand geltend gemachten Aspekten zur Verhältnismässigkeit auseinandergesetzt. Es gehe fehl, die Verhältnismässigkeit und die Wirtschaftlichkeit alleine über den Preis zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung müsse die Hilfsmittelversorgung zeitgemäss sein, die Versorgung mit hochtechnologischen, computergesteuerten Hilfsmitteln sei zulässig. Die Abgabe eines Hilfsmittels müsse unter Berücksichtigung der gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Eingliederungsziel stehen. Der Roboterarm werde ihr im Haushalt, bei der Selbstsorge, bei alltäglichen Lebensverrichtungen, bei der Fortbewegung, bei der Teilhabe am sozialen Leben und auch bei der Erwerbstätigkeit mehr Selbständigkeit geben. Letzteres sei angesichts der langen noch bevorstehenden Aktivitätsdauer relevant. Abschliessend argumentierte die Beschwerdeführerin, die IV-Stelle lasse sämtliche Vorgaben der UNO-Behindertenrechtskonvention ausser Acht.

9. Die IV-Stelle beantragte mit Vernehmlassung vom 12. Juni 2020 die Abweisung der Beschwerde. Sie hielt vollumfänglich an der angefochtenen Verfügung fest und verwies auf deren Begründung. Zudem bezog sie sich auf den Entscheid des Bundesgerichts 9C_474/2012, in welchem ein Sitzlift als Zubehör zu einem Elektrorollstuhl anerkannt worden war. Den Grund dafür sah die IV-Stelle darin, dass der Sitzlift im Tarifvertrag vorgesehen gewesen sei.

10. Mit Replik vom 24. Juni 2020 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen und Ausführungen fest. Sie machte geltend, die IV-Stelle interpretiere das Urteil 9C_474/2012 falsch, denn zum Zeitpunkt dieses Entscheids sei der Sitzlift noch nicht im Tarifvertrag aufgeführt gewesen. Die Beschwerdeführerin reichte zudem eine CD mit Videoaufnahmen ein, welche zeigen, wie sie den Roboterarm Kinova JACO testet.

11. Mit Schreiben vom 26. Juni 2020 verzichtete die IV-Stelle auf eine Duplik.

Auf die weiteren Ausführungen in der angefochtenen Verfügung und in den Rechtsschriften sowie auf die im Recht liegenden Beweismittel wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 69 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) sind Verfügungen der kantonalen IV-Stellen direkt vor dem Versicherungsgericht am Ort der IV-Stelle anfechtbar. Die im vorliegenden Fall angefochtene Verfügung der IV-Stelle des Kantons Graubünden vom 29. April 2020 stellt demnach ein taugliches Anfechtungsobjekt für ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden dar. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts als Versicherungsgericht ergibt sich aus Art. 57 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) i.V.m. Art. 49 Abs. 2 lit. a des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; BR 370.100). Die Beschwerdeführerin ist als formelle und materielle Adressatin von der angefochtenen Verfügung berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung Änderung (Art. 59 ATSG), weshalb sie zur Beschwerde legitimiert ist. Auf die zudem frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 60 und Art. 61 lit. b ATSG) ist somit einzutreten.

2. Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei eine öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) durchzuführen. Diesem Antrag wird aus den nachfolgend dargelegten Gründen - nicht gefolgt. Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantiert im Rahmen des Rechts auf ein faires Verfahren unter anderem das Recht auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung. Nach der Rechtsprechung gilt Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch für Prozesse im Bereich des Sozialversicherungsrechts (BGE 122 V 47 E.2a). Die kantonale Rechtsmittelinstanz hat somit in einem invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren grundsätzlich eine öffentliche Verhandlung anzuordnen, wenn eine solche ausdrücklich beantragt worden ist (BGE 122 V 47 E.3b). Nur in Ausnahmefällen ist es gerechtfertigt, dem Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht zu folgen. Als Ausnahmegründe fallen dabei in erster Linie die im zweiten Satz von Art. 6 Ziff. 1 EMRK aufgezählten Umstände in Betracht (BGE 122 V 47 E.3b/aa). Von einer öffentlichen Verhandlung kann das kantonale Gericht rechtsprechungsgemäss auch dann absehen, wenn es ohne eine solche allein aufgrund der Akten zum Schluss gelangt, dass dem materiellen Rechtsbegehren der bezüglich der Verhandlung antragstellenden Partei zu entsprechen ist (BGE 122 V 47 E.3b/ff; Mark Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, Zürich 1993, § 22 Rz. 438). Vorliegend wird den materiellen Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin vollumfänglich entsprochen (vgl. E.11 hernach), so dass ausnahmsweise auf die Durchführung der beantragten öffentlichen Verhandlung verzichtet werden kann.

3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Sie habe in ihrem Einwand vom 3. März 2020 Aspekte zur Frage der Verhältnismässigkeit geltend gemacht, mit welchen sich die IV-Stelle nicht auseinandergesetzt habe. Diese Rüge ist nicht begründet. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV; SR 101) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtsstellung betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es aber nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (BGE 136 I 229 E.5.2, Urteil des Bundesgerichts 9C_420/2018 vom 5. Oktober 2018 E.3.1). Die IV-Stelle vertrat in der angefochtenen Verfügung die Ansicht, Roboterarme seien nicht in der Hilfsmittelliste der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51) enthalten und könnten keiner der dort aufgeführten Hilfsmittelkategorien zugeordnet werden. Die IV-Stelle verneinte mithin die Hilfsmittelqualität des Roboterarms grundsätzlich und war deshalb nicht gehalten, auf die Frage der Verhältnismässigkeit einzugehen.

4. In materieller Hinsicht ist vorliegend streitig, ob die IV-Stelle die Übernahme der Kosten für den Roboterarm zu Recht verweigert hat. Zu prüfen ist mithin, ob der Roboterarm als Hilfsmittel im Sinne von Art. 21 IVG zu qualifizieren und ob die Versorgung der Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm verhältnismässig ist. Für die Beantwortung dieser Frage ist der Sachverhalt zu berücksichtigen, der sich bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung am 29. April 2020 verwirklicht hat (BGE 132 V 215 E.3.1.1). Unbestritten ist die medizinische Situation. Die IV-Stelle anerkennt, dass die Beschwerdeführerin infolge ihrer systemischen Hyalinose die Arme und die Hände fast gar nicht bewegen kann, dass sie aber fähig ist, einen Joystick zur Steuerung eines Roboterarms zu bedienen.

5. Der Roboterarm BATEO ist ein beweglicher Arm in Leichtbauweise mit drei Fingern, der seitlich am Elektrorollstuhl montiert und über den Joystick des Rollstuhls gesteuert werden kann. Der Roboterarm ist fähig zu einer dreidimensionalen, physiologischen Armbewegung in einem Radius von einem Meter, verfügt über einen sicheren kraftvollen Griff mit einer Traglast bis 1.5 kg und kann auch kleine Objekte wie zum Beispiel einen Trinkhalm greifen (Beschrieb und Video auf , zuletzt eingesehen am 5. Februar 2021). Die Beschwerdeführerin reichte dem Gericht Videoaufnahmen ein, auf welchen zu sehen ist, wie sie den Roboterarm JACO testet (Beilage der Beschwerdeführerin [Bf-act.] 4). Bei diesen Tests war, wie dies die Beschwerdeführerin glaubhaft darlegte, die Sitzposition nicht optimal eingestellt und die Steuerung erfolgte in improvisierter Weise und nicht über den Joystick des Rollstuhls. Zudem fehlte der Beschwerdeführerin jegliche Übung in der Bedienung. Trotz dieser erschwerenden Faktoren zeigen die Videoaufnahmen, wie die Beschwerdeführerin mit Hilfe des Roboterarms selbständig nach einem Glas greift und daraus trinkt, die Brille im Gesicht zurechtrückt und einen Schalter drückt. Die Videoaufnahmen standen auch der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) zur Verfügung. Sie hielt dazu in ihrer fachtechnischen Beurteilung vom 5. November 2019 fest, die Beschwerdeführerin könne mit dem Roboterarm verschiedenste Tätigkeiten selbständig ausüben, die ihr heute aufgrund ihrer sehr stark eingeschränkten Hand- und Armfunktion verwehrt blieben. Weiter wies die SAHB darauf hin, dass die Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm auch am Arbeitsplatz an Selbständigkeit gewinnen würde, da sie die Computermaus und das Mousepad selbständig auf den Rollstuhltisch legen könnte, und dass mit etwas Übung in der Bedienung des Roboterarms auch komplexere Tätigkeiten, wie zum Beispiel die Nase schnäuzen im Gesicht kratzen, möglich würden (IV-act. 493 S. 2).

6. Die für den vorliegenden Fall relevanten rechtlichen Grundlagen präsentieren sich wie folgt:

6.1. Gemäss Art. 8 Abs. 1 IVG haben invalide Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten zu verbessern (lit. a) und soweit die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind (lit. b). Zu den Eingliederungsmassnahmen gehört unter anderem die Abgabe von Hilfsmitteln (Art. 8 Abs. 3 lit. d IVG). Praxisgemäss ist unter einem Hilfsmittel in der Invalidenversicherung ein Gegenstand zu verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile Funktionen des menschlichen Körpers zu ersetzen vermag (BGE 139 V 115 E.4.1). Als Eingliederungsmassnahme unterliegt jede Hilfsmittelversorgung den allgemeinen Voraussetzungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Eingliederungswirksamkeit (BGE 130 V 163 E.4.3.3; Urteil des Bundesgerichts 9F_3/2007 vom 20. Februar 2008 E.3.2).

6.2. Gemäss Art. 21 Abs. 1 IVG hat die versicherte Person im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren sie für die Ausübung der Erwerbstätigkeit der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Die versicherte Person, die infolge ihrer Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat gemäss Art. 21 Abs. 2 IVG im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel. Art. 21 IVG unterscheidet für die Hilfsmittelberechtigung somit zwischen erwerblicher (Abs. 1) und nichterwerblicher (Abs. 2) Eingliederungswirksamkeit. Der in Art. 21 Abs. 2 IVG geregelten Eingliederungsmassnahme für schwer behinderte Personen kommt der Charakter einer Sozialrehabilitation zu, was in der Invalidenversicherung bei volljährigen Versicherten eine grosse Ausnahme darstellt (Urteil des Bundesgerichts 9C_573/2016 vom 20. Februar 2017 E.4.3). Art. 21 Abs. 2 IVG beinhaltet indessen kein Anrecht auf Beseitigung sämtlicher Hindernisse, die der Kontaktaufnahme mit der Umwelt im Wege stehen. Es besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass behinderte Personen so selbstständig wie eine nichtbehinderte Person leben können, sondern nur die Berechtigung auf Abgabe Vergütung kostspieliger Geräte im Rahmen einer vom Bundesrat bzw. vom Departement aufzustellenden Liste. Diese Liste enthält mithin nicht alles, was als sinnvoll und nützlich erscheinen mag, um den in Art. 21 Abs. 2 IVG genannten Eingliederungszweck zu erreichen (Urteil des Bundesgerichts 9C_573/2016 vom 20. Februar 2017 E.6.4).

6.3. Die Kompetenz zur Aufstellung der Hilfsmittelliste hat der Bundesrat in Art. 14 Abs. 1 der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) an das EDI übertragen. Die HVI sieht in Art. 2 Abs. 1 vor, dass im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt für die Selbstsorge notwendig sind. Für Ausnahmefälle (in der Liste mit * gekennzeichnet) verlangt Art. 2 Abs. 2 HVI, dass die Hilfsmittel für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung für die in der zutreffenden Ziffer des Anhangs ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind. Gemäss Art. 2 Abs. 3 HIV erstreckt sich der Anspruch auch auf das invaliditätsbedingt notwendige Zubehör und die invaliditätsbedingten Anpassungen. Zudem besteht gemäss Art. 2 Abs. 4 HVI nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher, zweckmässiger und wirtschaftlicher Ausführung.

6.4. In der Liste im Anhang der HVI werden die einzelnen Hilfsmittel namentlich in folgende Kategorien eingeteilt: (1) Prothesen, (2) Orthesen, (4) Schuhwerk und orthopädische Schuheinlagen, (9) Rollstühle, (10) Motorfahrzeuge und Invalidenfahrzeuge, (12) Gehhilfen, (13) Hilfsmittel am Arbeitsplatz, im Aufgabenbereich, zur Schulung und Ausbildung sowie bauliche Vorkehren zur Überwindung des Arbeitswegs, (14) Hilfsmittel für die Selbstsorge und (15) Hilfsmittel für den Kontakt mit der Umwelt. Nach der Rechtsprechung ist diese Liste insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt. Dagegen ist innerhalb der einzelnen Kategorien jeweils zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel ebenfalls abschliessend bloss exemplifikatorisch ist (BGE 140 V 538 E.4.1, 131 V 9 E.3.4.2).

6.5. Im Kreisschreiben über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI) hat das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zuhanden der anwendenden Behörden zahlreiche Regeln aufgestellt, um eine möglichst einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorgaben im Bereich der Hilfsmittelabgabe sicherzustellen (BGE 145 V 84 E.6.1.1). Zudem hat das BSV mit verschiedenen Akteuren im Bereich Hilfsmittel Tarifverträge abgeschlossen. Diese Ausführungsvorschriften richten sich rechtsprechungsgemäss nur an die Durchführungsstellen; für das Sozialversicherungsgericht sind sie nicht verbindlich. Das heisst indessen nicht, dass das KHMI und die Tarifverträge für das Sozialversicherungsgericht unbeachtlich sind. Vielmehr soll das Gericht sie berücksichtigen, soweit sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Ein Abweichen aus einem triftigen Grund ist indessen möglich (BGE 144 V 195 E.4.2, 141 V 365 E.2.4, 138 V 50 E.4.1).

6.6. Lässt sich ein Hilfsmittel keiner im HVI Anhang aufgeführten Kategorie zuordnen, ist es nach der Rechtsprechung nicht zulässig, den Anspruch auf Kostenübernahme durch die Invalidenversicherung direkt aus der Zielsetzung des Gesetzes abzuleiten, da damit das dem Bundesrat beziehungsweise dem Departement eingeräumte Auswahlermessen durch dasjenige des Gerichts ersetzt würde (BGE 131 V 9 E.3.4.2). In der Auswahl der Hilfsmittel und in der Ausgestaltung der Hilfsmittelliste räumen Art. 21 IVG und Art. 14 IVV dem EDI einen weiten Spielraum ein (Urteil des Bundesgerichts 9C_573/2016 vom 20. Februar 2017 E.6.3.1.1). Das EDI wird nicht verpflichtet, sämtliche Hilfsmittel, derer eine invalide Person zur Eingliederung bedarf, in die Hilfsmittelliste aufzunehmen. Vielmehr hat die Versicherte nur 'im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste' Anspruch auf Hilfsmittel. Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass der Bundesrat bzw. an seiner Stelle das Departement eine Auswahl treffen und die Zahl der Hilfsmittel beschränken kann. Dabei steht dem Bundesrat bzw. dem Departement ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit zu, sagt das Gesetz doch nicht ausdrücklich, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl vorzunehmen ist. Selbstverständlich darf der Bundesrat bzw. das Departement bei der Aufnahme von Hilfsmitteln in die Liste nicht willkürlich vorgehen, insbesondere nicht innerlich unbegründete Unterscheidungen treffen sonst wie unhaltbare, nicht auf ernsthaften sachlichen Gründen beruhende Kriterien aufstellen (BGE 105 V 23 E.3b). Eine schwerwiegende, durch richterliches Eingreifen auszufüllende Lücke der HVI ist nur dann anzunehmen, wenn die Nichtaufnahme eines bestimmten Hilfsmittels in die Hilfsmittelliste das Willkürverbot (Art. 9 BV), das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) und dadurch die Bundesverfassung verletzt (BGE 131 V 9 E.3.4.3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Liste nicht alles enthält, was als sinnvoll und nützlich erscheinen mag, um den in Art. 21 Abs. 2 IVG genannten Eingliederungszweck zu erreichen (Urteil des Bundesgerichts 9C_197/2010 vom 14. Dezember 2010 E.5).

7. Ein Roboterarm ist in der HVI-Hilfsmittelliste nicht explizit aufgeführt. Die Beschwerdeführerin stützt ihren Anspruch auf drei verschiedene Argumentationslinien. Sie ist der Ansicht, der Roboterarm bilde Zubehör zum Rollstuhl (vgl. dazu E.8 ff. nachfolgend) sei als Armprothese zu qualifizieren (vgl. dazu E.9 ff. hernach). Falls keiner dieser beiden Ansichten gefolgt werde, sei die IV-Stelle im Rahmen einer richterlichen Lückenfüllung zu verpflichten, die Kosten für den Roboterarm zu übernehmen (vgl. dazu E.9.6 unten).

8. Gemäss Art. 2 Abs. 3 HVI erstreckt sich der Anspruch auf ein Hilfsmittel auch auf das invaliditätsbedingt notwendige Zubehör und die invaliditätsbedingten Anpassungen. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, der Roboterarm sei im Sinne dieser Bestimmung als invaliditätsbedingt notwendiges Zubehör zu ihrem Elektrorollstuhl zu qualifizieren. Die IV-Stelle verneint dies. Sie ist der Ansicht, gemäss Rz. 9 des Anhangs der HVI hätten Versicherte Anspruch auf Vergütung für Rollstühle gemäss Tarifvertrag. Diesem könnten indes keine Roboterarme ähnliches Zubehör als behinderungsbedingte Optionen entnommen werden.

8.1. Elektrorollstühle sind in Ziff. 9.02 der HVI-Hilfsmittelliste aufgeführt und der Anspruch der Beschwerdeführerin auf einen Elektrorollstuhl ist unbestritten. Mit Verfügung vom 5. November 2019 bestätigte die IV-Stelle diesen Anspruch letztmals, indem sie die leihweise Abgabe eines Elektrorollstuhls des Typs Swiss Viva Grand M im Betrag von Fr. 39'081.80 inklusive elektrisch verstellbarer Rückenlehne, Strassenbeleuchtung, elektrisch verstellbarer Sitzneigung und pannensicherer Bereifung übernahm (vgl. IV-act. 489).

8.2. Weder in der HVI noch im KHMI ist näher umschrieben, was unter dem Begriff 'Zubehör' im Sinne Art. 2 Abs. 3 HIV zu verstehen ist. Auch in der Rechtsprechung findet sich keine Definition. In den Urteilen des Bundesgerichts als Zubehör erwähnt werden aber - dem Wortlaut entsprechend immer Gegenstände, die im Verhältnis zum eigentlichen Hilfsmittel eine unterstützende Funktion haben und deren Kosten deutlich geringer sind als diejenigen des Hilfsmittels. Typisches Zubehör für Elektrorollstühle sind gemäss der Rechtsprechung elektrische Vorrichtungen zum Verstellen der Sitzhöhe und -neigung, Rückspiegel und Strassenbeleuchtung (z.B. Urteil des Bundesgerichts 9C_474/2012 vom 6. Mai 2013). Dieses Zubehör wird denn auch im Tarifvertrag zwischen dem BSV und dem Schweizer Verband der Orthopädie-Techniker sowie SWISS MEDTECH geregelt, ebenso wie Autofixationen und pannensichere Bereifung (, zuletzt eingesehen am 5. Februar 2021). Nebst dem spezifischen Zubehör für Elektrorollstühle enthält der Tarifvertrag weiteres Zubehör für alle Arten von Rollstühlen, wie zum Beispiel Antikippstützen, Fussplatten, Seitenlehnen/Armauflagen, Speichenschutz, Fixationsgurte, Kopfstützen, Sitzkissen, Beinstützen, Rollstuhltische, Transferhilfen, Regencape, Wärmesäcke und Spezialreifen. Entgegen der Ansicht der IV-Stelle hängt die Zubehör-Qualität eines Gegenstandes aber nicht davon ab, ob dieser im einschlägigen Tarifvertrag als Zubehör aufgeführt ist. Nach der Rechtsprechung ist der Anspruch auf ein Hilfsmittel und damit auch der Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand als Zubehör unabhängig von der Frage zu beurteilen, ob es zu diesem Hilfsmittel einen Tarifvertrag gibt. Der Tarifvertrag vermag den sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch zwischen der versicherten Person und dem Versicherer nicht rechtswirksam zu beschränken (BGE 143 V 190 E.7.3.1, 141 V 30 E.3.2.3).

8.3. Im vorliegenden Fall stehen der Elektrorollstuhl und der Roboterarm nicht in dem für Zubehör im Sinne von Art. 2 Abs. 3 HVI typischen Hauptsache/Nebensache-Verhältnis. Dies zeigt sich zum einen an den Kosten, welche für den Elektrorollstuhl bei Fr. 39'081.80 liegen (vgl. IV-act. 489), für den Roboterarm aber Fr. 54'625.-plus eventuell Fr. 5'000.-für Wartung und Garantie betragen (vgl. IV-act. 495, 493 S. 3). Zum anderen zeigt es sich bei der Funktion. Zubehör dient typischerweise derselben Funktion wie das Hilfsmittel, und dies in einer bloss unterstützenden Weise. Der Roboterarm hingegen unterstützt nicht bloss die Funktion des Elektrorollstuhls, sondern erfüllt primär eine andere, eigene Funktion: Der Rollstuhl ersetzt die Funktion der Beine und die Fortbewegung als Fussgänger, der Roboterarm hingegen ersetzt primär die Funktionen von Armen und Händen.

8.4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Roboterarm diene in einem weiteren Sinn auch der Fortbewegung, weil sich damit automatische und manuelle Türen öffnen sowie Fahrstühle bedienen liessen. Diese Funktionen seien insbesondere für die Fortbewegung mit dem öffentlichen Verkehr elementar. Insofern sei der Roboterarm notwendige Voraussetzung für die bestimmungsgemässe Benutzung des Elektrorollstuhls. Mit dieser Argumentation vermag die Beschwerdeführerin die Zubehörqualität des Roboterarms nicht zu begründen. Nach der Rechtsprechung kann nämlich nicht alles, was die Mobilität mit dem Rollstuhl verbessert, als Zubehör zum Rollstuhl qualifiziert werden. So entschied das Bundesgericht zum Beispiel mit Urteil 9C_197/2010 vom 14. Dezember 2010, ein elektrischer Türöffner könne nicht als Zubehör zum Rollstuhl betrachtet werden. In jenem Fall war ein Versicherter nicht in der Lage, die Eingangstüre des Mehrfamilienhauses, in welchem er wohnte, selbständig vom Rollstuhl aus zu öffnen.

8.5. Die Beschwerdeführerin beruft sich des Weiteren auf den bundesgerichtlichen Entscheid 9C_474/2012 vom 6. Mai 2013, in welchem ein elektrischer Sitzlift als Zubehör zum Elektrorollstuhl anerkannt wurde. Daraus kann die Beschwerdeführerin aber nichts zu ihren Gunsten ableiten. Ein elektrischer Lift zum Verstellen der Sitzhöhe steht zu einem Elektrorollstuhl in der für Zubehör erforderlichen Nebensache/Hauptsache-Relation, sowohl was den Preis als auch die Funktion betrifft. Der in jenem Fall fragliche Rollstuhl 'Otto Bock B600' hatte serienmässig eine 'Basis für elektrische Sitzfunktionen', in welche der eigentliche Sitzlift eingebaut werden konnte. Bei den moderneren Elektrorollstühlen, wie dem 'Viva Grand M' der Beschwerdeführerin (IV-act. 486), ist ein Sitzlift sogar.

8.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Roboterarm BATEO kein Zubehör zum Elektrorollstuhl der Beschwerdeführerin darstellt. Die IV-Stelle hat deshalb die Übernahme der Kosten gestützt auf Art. 2 Abs. 3 HVI zu Recht abgelehnt.

9. Zu prüfen ist ferner, ob der Roboterarm als Armprothese im Sinne von Ziff. 1.02 der Hilfsmittelliste zu qualifizieren ist. Die IV-Stelle verneint dies. Sie macht geltend, anders als der Roboterarm werde eine Prothese dem Wortlaut nach am Körper angelegt.

9.1. Ziff. 1 der HVI-Hilfsmittelliste betrifft die Prothesen, und in Ziff. 1.02 werden definitive Hand- und Armprothesen als Hilfsmittel genannt. Eine Definition findet sich in Ziff. 1.02 nicht. Und auch im KHMI wird die Kategorie Prothesen beziehungsweise der Begriff Armprothese nicht näher umschrieben (Rz. 2001 ff.). Rechtsprechungsgemäss sind Prothesen im Sinne der HVI Gegenstände, welche nicht operativ mit dem Körper verbunden und jederzeit vom Körper entfernbar sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_68/2010 vom 17. Januar 2011 E.2.2).

9.2. Prothesen können einen kosmetischen Zweck haben, indem sie einen verlorenen Körperteil ersetzen und den Körper wieder als vollständig erscheinen lassen. Sind Prothesen nur kosmetische Ausgleiche ohne Funktion, sind sie in der Regel keine Hilfsmittel der IV (KHMI Rz. 2004). Als Hilfsmittel anerkannt sind rein kosmetische Ausgleiche nur ausnahmsweise für solche Körperteile, deren Fehlen beim Kontakt mit anderen Menschen stark irritieren würde, wie zum Beispiel Augen Teile des Gesichts (Augenprothesen [Ziff. 5.01], Gesichtsepithesen [Ziff. 5.02]). Prothesen mit Hilfsmittelqualität im Sinne der IV haben demnach in der Regel einen funktionellen Zweck. Sie ersetzen nicht (mehr) vorhandene Funktionen des menschlichen Körpers.

9.3. Die Hilfsmittel werden in der Rechtsprechung definiert als Gegenstände, deren Gebrauch den Ausfall gewisser Teile Funktionen des menschlichen Körpers ersetzt (BGE 139 V 115 E.4.1, 131 V 9 E.3.3). Angesichts der zentralen Bedeutung der Funktion bei den Hilfsmitteln im Allgemeinen und bei den Prothesen im Besonderen ist es geboten, den Begriff Armprothese in Ziff. 1.02 der HVI-Hilfsmittelliste in funktioneller Hinsicht auszulegen. Eine Armprothese ist demnach im Wesentlichen ein Gegenstand, welcher die Arm- und Handfunktion ersetzt. Genau dies tut auch der Roboterarm: Funktional betrachtet entspricht er einer modernen (myo)elektrischen bzw. bionischen Armprothese. Dass man ihn nicht an einem Amputationsstumpf, sondern am Rollstuhl befestigt, ist entgegen der Ansicht der IV-Stelle nicht wesentlich. Einer Verordnungsbestimmung ist immer jener Rechtssinn beizumessen, welcher im Rahmen des Gesetzes mit der Verfassung am besten übereinstimmt (verfassungskonforme verfassungsbezogene Interpretation; BGE 140 V 538 E.4.3). Vorliegend geht es um die Frage der Gleichbehandlung von Personen mit fehlendem Arm und Personen mit einem zwar vorhandenen, aber gänzlich dysfunktionalen Arm. In beiden Fällen ist die Armfunktion gestört und in beiden Fällen kann die Armfunktion mittels Hilfsmittel wiederhergestellt werden: Im einen Fall mit einer Armprothese, im anderen Fall mit einem Roboterarm. Würde man, wie dies die IV-Stelle tut, Ziff. 1.02 HVI-Hilfsmittelliste eng nach dem Wortlaut auslegen, so ergäbe sich eine willkürliche Ungleichbehandlung von Personen mit fehlender Armfunktion, wären doch Personen mit fehlendem Arm bessergestellt als Personen mit gänzlich dysfunktionalem, aber noch vorhandenem Arm. Die Beschwerdeführerin weist deshalb zu Recht darauf hin, dass es nicht sachgerecht wäre, wenn sie ihren dysfunktionalen Arm amputieren müsste, um Anspruch auf Ersatz der Armfunktion zu haben.

9.4. Nach der Rechtsprechung muss die Hilfsmittelversorgung zudem zeitgemäss sein (BGE 139 V 115 E.5.1). Auch dieser Grundsatz steht der engen Begriffsdefinition der IV-Stelle entgegen. Der technologische Wandel im Bereich der Robotik verläuft rasant. Dass eine fehlende Armfunktion durch einen Roboterarm ersetzt werden kann, war vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar. Unterdessen werden Roboterarme seriell gefertigt und von verschiedenen Firmen angeboten. Neben den im vorliegenden Verfahren thematisierten Modellen BATEO und JACO gibt es mit dem iArm sogar noch ein weiteres in der Schweiz verfügbares Modell. Diese Roboterarme stellen augenscheinlich das zeitgemässe Hilfsmittel für rollstuhlbedürftige Personen mit dysfunktionalen Armen dar.

9.5. Auch von der finanziellen Dimension her spricht nichts gegen die Qualifikation des Roboterarms als Armprothese. Gemäss Beurteilung der SAHB belaufen sich die Kosten für eine Armprothese auf ca. Fr. 60'000.-- (vgl. IV-act. 493 S. 3). Gemäss Internetrecherche können sie aber auch deutlich höher liegen. In der Zeitschrift des Schweizerischen Versicherungsverbands SVV, Ausgabe 2014/1, nennen der Leitende Arzt Technische Orthopädie der Uniklinik Balgrist und der Chefarzt des SVV für eine myoelektrische Armprothese der zweiten Generation Kosten von Fr. 50'000.-bis Fr. 77'000.--, für eine bionische Prothese Kosten von ca. Fr. 100'000.--. Ersetzt die Armprothese auch die Schulterfunktion liegen die Kosten sogar bei ca. Fr. 150'000.--.

9.6. Somit ergibt sich, dass der Roboterarm BATEO der Hilfsmittelkategorie 1 der HVI-Hilfsmittelliste und dort der Ziff. 1.02 'Hand- und Armprothesen' zuzuordnen ist, auch wenn er darin nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Anders zu entscheiden würde eine rechtsungleiche Behandlung bedeuten, welche im Rahmen der richterlichen Lückenfüllung zu beseitigen wäre. Nach der Rechtsprechung darf das Gericht eine schwerwiegende, durch richterliches Eingreifen auszufüllende Lücke der HVI annehmen, wenn die Nichtaufnahme der fraglichen Massnahmen in die Hilfsmittelliste das Willkürverbot (Art. 9 BV), das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) und dadurch die Bundesverfassung verletzt (BGE 131 V 9 E.3.4.3). Rechtsungleiche Behandlung ist gegeben, wenn der Verordnungsgeber sich aufdrängende Unterscheidungen unterlässt aber Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt (BGE 131 V 9 E.3.4.3). Eine moderne Armprothese als Hilfsmittel zuzulassen und einen Roboterarm auszuschliessen, würde eine rechtsungleiche Behandlung darstellen. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, Personen mit fehlendem Arm besser zu stellen als Personen mit gänzlich dysfunktionalem Arm. Im Übrigen stellte die Nichtgewährung der Hilfsmittelversorgung mittels Roboterarm auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu Personen dar, deren untere Extremitäten nicht funktionstüchtig sind. Für letztere sieht die Hilfsmittelliste nicht nur Beinprothesen bei Verlust des Beines vor, sondern auch (Elektro-)Rollstühle bei Verlust der Funktionstüchtigkeit bei noch vorhandenen Beinen.

10. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der Roboterarm in Ziff. 1.02 der HVI-Hilfsmittelliste enthalten ist, weil er in funktionaler Hinsicht einer Armprothese entspricht und das zeitgemässe Mittel zur Versorgung dysfunktionaler Arme darstellt.

Nachfolgend ist daher zu prüfen, ob die Versorgung der Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm BATEO die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen vermag.

10.1. Als Eingliederungsmassnahme unterliegt jede Hilfsmittelversorgung den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 IVG. Sie hat somit neben den dort ausdrücklich genannten Erfordernissen der Geeignetheit und Notwendigkeit auch denjenigen der Angemessenheit (Verhältnismässigkeit im engeren Sinne) als drittem Teilgehalt des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes zu genügen. Die Abgabe eines Hilfsmittels muss demnach unter Berücksichtigung der gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalles in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Eingliederungsziel stehen. Dabei lassen sich vier Teilaspekte unterscheiden, nämlich die sachliche, die zeitliche, die finanzielle und die persönliche Angemessenheit. Danach muss die Massnahme prognostisch ein bestimmtes Mass an Eingliederungswirksamkeit aufweisen; sodann muss gewährleistet sein, dass der angestrebte Eingliederungserfolg voraussichtlich von einer gewissen Dauer ist; des Weiteren muss der zu erwartende Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten der konkreten Eingliederungsmassnahme stehen; schliesslich muss die konkrete Massnahme der betroffenen Person auch zumutbar sein (BGE 143 V 190 E.2.2, Urteil des Bundesgerichts 9C_408/2020 vom 20. August 2020 E.2.1).

10.2. Das Erfordernis der Geeignetheit und der finanziellen Angemessenheit wird im Hilfsmittelrecht auch durch Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI zum Ausdruck gebracht, wonach nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher, zweckmässiger und wirtschaftlicher Ausführung besteht. Durch eine andere Ausführung verursachte zusätzliche Kosten hat die versicherte Person selbst zu tragen. Sie hat demnach in der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn das Gesetz will die Eingliederung soweit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 143 V 190 E. 2.3, Urteil des Bundesgerichts 9C_408/2020 vom 20. August 2020 E.2.2). Dass nur Hilfsmittel in einfacher Ausführung von der IV zu bezahlen sind, bedeutet indessen nicht, dass die Hilfsmittel nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprechen müssen. Vielmehr muss die Hilfsmittelversorgung nach konstanter Rechtsprechung zeitgemäss sein. Die IV kann sich als Einwohnerversicherung dem Fortschritt nicht einfach verschliessen. Der Grundsatz der Einfachheit gemäss Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI ist so lange nicht verletzt, als der voraussichtliche Erfolg des im Einzelfall gewählten Hilfsmittels in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Kosten steht (BGE 139 V 115 E.5.1, 132 V 215 E.4.3.3). So hat das Bundesgericht zum Beispiel die Abgabe als Hilfsmittel von modernen Beinprothesen mit mikrochipgesteuerten Kniegelenken des Typs C-Leg mit einem Preis von ca. Fr. 40'000.-als verhältnismässig beurteilt (BGE 141 V 30 E.3.3) und auch bei einem Kniegelenk des Typs Genium mit Kosten von ca. Fr. 65'000.-- den Charakter der Einfachheit und Notwendigkeit nicht zum vornherein verneint (Urteil des Bundesgerichts 9C_408/2020 vom 20. August 2020).

10.3. Im vorliegenden Fall kann die Beschwerdeführerin wie bereits erwähnt ihre Arme, Hände und Finger nur minimal bewegen und ist dadurch in allen Lebensbereichen enorm eingeschränkt und dauernd auf Hilfe angewiesen. Mit dem Roboterarm könnte sie zahlreiche Aktivitäten selbständig ausführen. Bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und der Selbstsorge sind dies insbesondere essen und trinken, Zähne putzen, elektronische Geräte wie Handy, Tablet PC verwenden, Türen und Fenster öffnen, Hausklingeln, Lichtschalter, Türöffner und ähnliches bedienen, Lifte und den öffentlichen Verkehr benutzen, Mahlzeiten zubereiten, einkaufen, Geldautomat bedienen und Medikamente einnehmen. Auch im Berufsleben beziehungsweise im Studium werden zahlreiche Aktivitäten dank dem Roboterarm selbständig möglich sein, insbesondere das Bewältigen des Arbeitswegs mit dem öffentlichen Verkehr, das Bedienen elektronischer Geräte und Computer, das Öffnen von Türen und Fenstern, das Benutzen von Liftanlagen und die Verpflegung. All dies geht hervor aus dem Bericht der SAHB vom 5. November 2019 (IV-act. 493 S. 2), aus den von der Beschwerdeführerin eingereichten Videoaufnahmen der Tests (Bf-act. 4), aus den Informationen auf der Webseite von Exxomove und aus dem Beschrieb der Funktionen des Roboterarms KINOVA (IV-act. 458). Damit steht fest, dass die Hilfsmittelversorgung der Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm nicht nur der Sozialrehabilitation im Sinne von Art. 21 Abs. 2 IVG dienen würde, sondern auch der beruflichen Eingliederung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 IVG.

10.4. Im Folgenden wird auf die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen näher eingegangen:

Der Roboterarm ist offensichtlich geeignet, die Dysfunktionalität der Arme der Beschwerdeführerin zu einem Teil zu kompensieren. Mit dem Roboterarm könnte die weitgehend bewegungsunfähige Beschwerdeführerin wie in der vorstehenden Erwägung dargelegt zahlreiche wichtige Tätigkeiten selber ausführen können, die für sie sonst unmöglich wären, und dies sowohl im Rahmen der Erwerbstätigkeit, im Haushalt, bei der Selbstsorge und bei alltäglichen Lebensverrichtungen, bei der Fortbewegung und bei der Teilhabe am sozialen Leben.

10.5. Der Roboterarm erweist sich auch als notwendig. Es gibt kein anderes Hilfsmittel, welches die Armfunktion der Beschwerdeführerin ersetzen könnte. Ohne den Roboterarm wäre die Beschwerdeführerin dauernd auf Hilfe angewiesen. Mit dem Roboterarm würde sie eine gewisse Selbständigkeit in allen Lebensbereichen erlangen.

10.6. Die Versorgung der Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm ist sachlich angemessen. Der Roboterarm wird aller Wahrscheinlichkeit nach in einem beträchtlichen Ausmass eingliederungswirksam sein. Die Lebensqualität der Beschwerdeführerin wird sich deutlich verbessern, weil sie durch den Roboterarm zumindest teilweise von der dauernden Abhängigkeit von Hilfspersonen befreit wird. Dies wiederum wird dazu führen, dass sie sich sowohl in ihrem Privatals auch in ihrem Berufsleben besser entfalten und entwickeln kann. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beschwerdeführerin nicht nur einen dysfunktionalen Arm hat, sondern zwei. Der Gewinn an Möglichkeiten durch den Roboterarm wird bei ihr deshalb sogar noch deutlich ausgeprägter sein, als dies bei einseitig Armamputierten durch eine Armprothese der Fall ist, da Letztere ja noch einen funktionalen zweiten Arm haben.

10.7. Die Versorgung der Beschwerdeführerin mit dem Roboterarm ist auch zeitlich angemessen. Es ist zu erwarten, dass die Beschwerdeführerin die Steuerung des Roboterarms schnell gut im Griff haben wird. Bei den Tests hat sie sich als geschickt erwiesen (vgl. Videos in Bf-act. 4) und angesichts ihrer guten kognitiven Fähigkeiten wird sie das Potential des Roboterarms aller Wahrscheinlichkeit nach optimal ausschöpfen. Der Eingliederungserfolg wird sich also sehr schnell einstellen und in der Folge fortbestehen. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass aufgrund des Alters der Beschwerdeführerin mit einer sehr langen verbleibenden Aktivitätsdauer im Erwerbsleben zu rechnen ist.

10.8. Die finanzielle Angemessenheit ist gegeben. Der Roboterarm BATEO ist mit Fr. 54'625.-- (plus Fr. 5'000.-für Wartung und Garantie) deutlich günstiger, als der zunächst ins Auge gefasste JACO mit einem Preis von Fr. 96'433.35. Dass es noch eine billigere Lösung gäbe, macht weder die SAHB noch die IV-Stelle geltend und ist auch nicht wahrscheinlich. Sodann steht der zu erwartende Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten. Dieser Erfolg liegt darin, dass die Beschwerdeführerin dank dem Roboterarm eine viel grössere Selbständigkeit und damit eine bessere Lebensqualität erlangen könnte, was sich aller Wahrscheinlichkeit nach positiv auf alle ihre Lebensbereiche auswirken würde. Dies hätte in einer Gesamtsicht auf längere Zeit eine beträchtliche Eingliederungswirksamkeit. Entgegen der Ansicht der IV-Stelle ist es nicht entscheidend, ob und inwieweit der Roboterarm eine Senkung der Hilflosenentschädigung und der Assistenzbeiträge bewirken wird. Zwar ist der Abklärungsdienst der IV der Ansicht, durch den Roboterarm könnte die Hilflosenentschädigung nicht gesenkt werden; es seien keine leistungsrelevanten Hilfereduktionen zu erwarten und auch bei der Höhe des Assistenzbeitrags erwarte man keine wesentliche Änderung (IV-act. 517 S. 3). Der Abklärungsdienst relativiert diese Einschätzung indessen selber als 'hypothetisch' (IV-act. 517 S. 4). Diese Einschätzung erscheint oberflächlich und eher zu pessimistisch, kann doch durch den Roboterarm insbesondere in den Lebensverrichtungen Essen, Fortbewegung bzw. Pflege gesellschaftlicher Kontakte und Körperpflege eine erhebliche Verbesserung erzielt werden. Aber selbst wenn die Einschätzung des IV-Abklärungsdienstes zutreffen würde, würde dies nicht per se eine finanzielle Unangemessenheit begründen. Denn die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, dass die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit anhand einer möglichen Reduktion von Dauerleistungen zu kurz greift. Vielmehr sind die vorerwähnten Aspekte, insbesondere auch jene, welche der Selbstsorge, der Selbstbestimmung und der Selbständigkeit dienen, in eine Gesamtwürdigung miteinzubeziehen.

10.9. Die Voraussetzung der persönlichen Angemessenheit ist schliesslich ebenfalls erfüllt. Die Beschwerdeführerin hat auf ihrem bisherigen Lebensweg auf eindrückliche Weise aufgezeigt, dass sie gewillt und fähig ist, trotz ihrer schwerwiegenden Behinderung ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben zu führen. Sie hat es geschafft, die Regelschule zu besuchen, eine Lehre und eine Berufsmatura zu machen. Zudem hat sie es geschafft, in ihrem vormaligen Lehrbetrieb eine Festanstellung in einem 50%-Pensum zu bekommen. Aktuell absolviert sie berufsbegleitend ein Ingenieurstudium. Damit ist ein spezielles Eingliederungsbedürfnis ausgewiesen. Je mehr Selbständigkeit die Beschwerdeführerin im Alltag und bei der Arbeit haben wird, desto besser wird es ihr gelingen, auf lange Sicht beruflich aktiv und erfolgreich zu sein, was angesichts der vor ihr liegenden langen Aktivitätsdauer von grosser Bedeutung ist. Die Beschwerdeführerin kann mit dem Roboterarm nicht nur elementaren Grundbedürfnissen selbständig, selbstbestimmt und würdevoll nachkommen, sondern auch die erwerbliche Eingliederungswirksamkeit ist klar zu bejahen.

11. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der Roboterarm der Hilfsmittelkategorie 1 der HVI-Hilfsmittelliste und dort der Ziff. 1.02 'Hand- und Armprothesen' zuzuordnen ist und dass die Versorgung der Beschwerdeführerin mit diesem Roboterarm die Voraussetzungen der Geeignetheit und Notwendigkeit erfüllt und in jeder Hinsicht verhältnismässig ist. Die angefochtene Verfügung erweist sich somit als rechtswidrig, die Beschwerde ist gutzuheissen und der Beschwerdeführerin ist die Kostengutsprache für den Roboterarm BATEO zu gewähren.

12. Gemäss Art. 69 Abs. 1bis IVG ist das Beschwerdeverfahren bei Streitigkeiten um die Bewilligung die Verweigerung von IV-Leistungen vor dem kantonalen Versicherungsgericht kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt. Vorliegend sind die Kosten von Fr. 700.-infolge des Ausgangs des Verfahrens der unterliegenden IV-Stelle zu überbinden.

13. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende Beschwerde führende Person Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. Vorliegend hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin trotz entsprechender Aufforderung durch das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 12. Juni 2020 keine Honorarnote eingereicht. Der Beschwerdeführerin wird deshalb unter Berücksichtigung des reduzierten Stundenansatzes für Hilfsorganisationen eine pauschale Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'000.-zugesprochen.


Demnach erkennt das Gericht:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung aufgehoben. A.___ wird für den Roboterarm BATEO Kostengutsprache gewährt.

2. Die Kosten von Fr. 700.-gehen zulasten der IV-Stelle des Kantons Graubünden.

3. Die IV-Stelle des Kantons Graubünden entschädigt A.___ aussergerichtlich mit Fr. 2'000.-- (inkl. Spesen und MWST).

4. [Rechtsmittelbelehrung]

5. [Mitteilungen]

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.